Schärfentiefe oder Tiefenschärfe?
Grundlegend gilt es, erst einmal die korrekte Bezeichnung zu bestimmen. Man trifft in aller Regel auf zwei Begriffe, die das gleiche bezeichnen sollen, aber nur einer von ihnen ist korrekt. Zum einen ist es die "Schärfentiefe" und zum anderen die "Tiefenschärfe". Da es um die Tiefenausdehnung der Schärfe geht, ist "Schärfentiefe" der richtige Ausdruck. Die Eigenschaft wird als zweites genannt - wenn es um die Dicke einer Wurstscheibe geht, nennt man dies ja auch Scheibendicke und nicht Dickenscheibe. Es handelt sich um die Tiefe des scharf erscheinenden Raumes, also um die Tiefe der Schärfe. Nach den Regeln der deutschen Wortbildung ist dabei "Tiefe" das Grundwort, "Schärfe" das Bestimmungswort. Wenn man daraus nun ein Wort bildet, muss es demnach heißen: "Schärfentiefe" und nicht "Tiefenschärfe". Im angelsächsischen Sprachraum nennt man es im Übrigen "depth of field", oft mit DOF abgekürzt.
Was ist Schärfentiefe
Ein optisches System kann immer nur eine Ebene scharf abbilden. Allerdings ist das Medium, auf dem abgebildet wird, nur begrenzt auflösend. Scharf wird vom menschlichen Auge ein Bereich genannt, in dem Linien und Kanten klare Grenzen aufweisen. Bei der Schärfentiefe geht es also um den Bereich des Bildes, der dem Betrachter noch scharf vorkommt. Es geht also um den Bereich des Bildes, der vor und hinter der eigentlichen Schärfeebene liegt und der noch als "scharf" erachtet wird.
Faktoren, die die Schärfentiefe beeinflussen
Es gibt verschiedene Faktoren, die Einfluss auf die Ausdehnung der als scharf empfundenen Zone haben:
- Der Zerstreuungskreis, im Prinzip stellt dieser das Auflösungsvermögen des Bildmediums dar. Als Beispiel können hier Netzhaut, der Sensor der Kamera oder auch der Film genannt werden. Je kleiner der Zerstreungskreis, also je höher die Auflösung, desto größer ist auch die Schärfentiefe
- Der Abbildungsmaßstab m. Dieser wird durch zwei Faktoren bestimmt, zum einen die Brennweite f des Objektivs, zum anderen die Gegenstandsweite des abzubildenden Objektes g: m = f / (g-f)
Je größer der Abbildungsmaßstab, desto geringer ist die Schärfentiefe. Also sorgen eine längere Brennweite oder ein kürzerer Aufnahmeabstand für eine geringere Schärfentiefe. - Die gewählte Blende. Je weiter die Blende geöffnet ist, also je kleiner die Blendenzahl, desto geringer ist auch die Schärfentiefe. Wird die Blende weiter geschlossen, die Blendenzahl also größer, so wird auch die Schärfentiefe größer.
Bildgestaltung mit Hilfe der Schärfentiefe
Die Schärfentiefe hat einen großen Einfluss auf die Bildgestaltung. So kann man mit der Beschränkung auf eine geringe Schärfentiefe bestimmte Elemente im Bild betonen, während der Hintergrund unscharf dargestellt wird. Man sagt auch, dass gewisse Teile freigestellt werden. Dies wird in der Regel bei der Portraitfotografie angewandt, so dass nur die portraitierte Person scharf erscheint. Genau das Gegenteil versucht man, bei der Landschaftsfotografie zu erreichen, hier ist meist eine große Schärfentiefe gewünscht.
Die Verteilung der Schärfentiefe vor und hinter dem fokussierten Objekt
variiert mit der eingestellten Entfernung: im engen Nahbereich wird
ungefähr ein Verhältnis von 1:1 erreicht, mit wachsender Entfernung
wächst der Anteil hinter dem fokussierten Objekt kontinuierlich an;
letzteres extrem, wenn die Unendlicheinstellung noch eben in den
Schärfebereich gelegt wird.
Genaue Berechnung
Die Schärfentiefe läßt sich auch mit Hilfe einer Formel berechnen, hierzu benötigt man zunächst die Hyperfokaldistanz h der gewählten Blenden- und Brennweitenkombination. Nun kann man den Nah- (Dn) beziehungsweise Fernpunkt (Df) der Schärfentiefezone bestimmen, die Differenz beider Werte ergibt die Ausdehnung der Schärfentiefe D:
Dn = g * h / (h + g - f)
Df = g * h / (h - g + f)
D = Df - Dn = (2 * g * (g - f) * h) / (h² - (g - f)²)
mit Gegenstandsweite g und Brennweite f.
Rechner für die Schärfentiefe
Natürlich kann man sich die Schärfentiefe auch per PC berechnen lassen. Tragen sie einfach in die folgenden Felder ihre Werte ein und sie erhalten die Daten zur Schärfentiefe. Damit der Rechner funktioniert, verwenden sie bitte den Punkt "." und nicht das Komma "," als Dezimaltrennzeichen, um die Berechnung durchführen zu können.
Hyperfokaldistanz | |
---|---|
hyperfokale Entfernung | |
Schärfentiefe | |
Nahpunkt | |
Fernpunkt | |
Schärfentiefe | |
Schärfentiefe vor dem Fokuspunkt | |
Schärfentiefe hinter dem Fokuspunkt |
Beispiele für unterschiedliche Schärfentiefen
Nokia E90
Vergleich kleine Blende / große Schärfentiefe und große Blende / kleine Schärfentiefe. Wenn sie die Maus über das Bild bewegen, wird zwischen beiden Versionen umgeschaltet. Es wurde jeweils auf die Mitte der Tastatur fokussiert.
Nachfolgend finden sie eine komplette Blendenreihe, um sich einen Eindruck verschaffen zu können, wie sich die Ausdehnung der scharfen Zone ändert.
Ferrari-Modellauto und Kastanie
Nachfolgend finden sie eine komplette Blendenreihe, um sich einen Eindruck verschaffen zu können, wie sich die Ausdehnung der scharfen Zone ändert. Außer beim letzten Bild wurde auf die Kastanie fokussiert.
Tabasco Habanero und TicTac Wintergreen
Vergleich kleine Blende / große Schärfentiefe und große Blende / kleine Schärfentiefe. Wenn sie die Maus über das Bild bewegen, wird zwischen beiden Versionen umgeschaltet. Es wurde jeweils auf die Flasche "Tabasco Habanero" fokussiert. Hier kann man das Potential zur Freistellung des Hauptobjektes vor einem unruhigen bzw. eher unpassenden Hintergrund erkennen.